// Kreisky – Adieu Unsterblichkeit
Was für ein Gegensatz: Wo das vorletzte Kreisky-Album, “Blitz” (2018), den traditionell rotzigen Bandsound in Richtung Pop weiterdachte und das letzte, die fast schon optimistische Coming-of-Age-Platte „Atlantis“ (2021) mit seinem knallbunten Cover Jugend und Naivität feierte, da offeriert uns die Band nun mit „Adieu Unsterblichkeit” eine ausgesprochen finstere Liedersammlung.
Vom vorab veröffentlichten „Was ist das für eine Welt“ aus dem gleichnamigen TV-Tatort (in dem die Band auch zu sehen war) über den Kannibalen-Torch-Song „Fressen“ bis zum Radspur-Roadmovie „Die Pedale“, der in zwei Minuten monolithischer Wucht endet, bilden diese Lieder Momente der bitteren Erkenntnis ab, dunkle Geheimnisse, Epiphanien des Schlechten, Kipppunkte ins Böse. „Adieu Unsterblichkeit” ist eine Reise ins Herz der Finsternis und damit, wenn man so will, kathartische Musik zur verschissenen Zeit.
Einmal mehr begeistert es, wie Kreisky angespitzten Kunst-Rock, existenzielle Inbrunst und verbale Giftigkeit auf eine so überwältigende Art vereinen, dass sie dem säkularisierten Musikfreund die Sonntagsmesse ersetzen. Ein Novum auf „Adieu Unsterblichkeit” ist dabei, wie schnell und nachdrücklich die Band das Register wechseln kann. So stehen beim zwischen Wehmut und Wehleidigkeit pendelnden Titeltrack verspulte Pop-Abstraktion und rücksichtslose Ekstase Rücken an Rücken, „Geh mir aus der Sonne” schaltet von Mathrock zu blumigen Sixties-Tapezierungen und wieder retour und „Was ist das für eine Welt“ wechselt über seine acht krautrockigen Minuten ohnehin mehrfach die Gänge.
Zelebriert wird die Kreisky-Messe im klassischem Rock-Line-Up: Schlagzeug (laut: Klaus Mitter), Bass (ebenfalls laut: Helmuth Brossmann), Gitarre (sehr laut: Martin Max Offenhuber), Gesang (kein bisschen leise: Franz Adrian Wenzl). Und das – auch nach mittlerweile zwanzigjähriger Bandgeschichte – mit allem nötigen und angemessenen Radau.
Kreisky 2025, das ist eine einzigartige und unersetzliche Band am Höhepunkt ihrer Kunst.
// Scarabeusdream
„Es ist nicht immer alles okay. Aber zu guter letzt wird uns die Liebe retten.. oder Scarabeusdream“ Nat Thornhill, XL-Records
Die Musik von Scarabeusdream ist radikal barmherzig, brachial, unbändig, liebevoll. Sie hält sich an keine Grenzen, an keine Regel. Wilde Wortkonstrukte werden ausgepackt um Scarabeusdream einem Genre zuzuordnen. Das Duo bewegt sich in einem gewaltigen Universum von episch-orchestraler Klassik über Posthardcore-Geschrei bis hin zu Pop. Und das bei gleichzeitiger Reduktion: Es gibt ein Schlagzeug und ein Piano, und Gesang. Das klingt nach Euphorie, nach Wahn und auch nach Liebe. Dazu die Band: „Es sind doch alles Liebeslieder. Würden wir nicht an sie glauben, gäbe es auch keinen Grund sich zu empören.“
Wer schon einmal eines der Nach-uns-die-Sintflut Konzerte der beiden gesehen hat, weiß von der mitreißenden Direktheit und fühlbaren Gegenwärtigkeit, die ihre Musik ausmacht. Scarabeusdream sind laut und gewagt, dabei alles umarmend und extrem. Dort, wo erzwungene Stille, falsche Harmonie und Heimatglaube herrschen, dort wollen sie nicht sein!
Wenn’s gefällt, ist Scarabeusdream Pop, aber in jedem Fall ein Naturgesetz.