ANSA SAUERMANN – „ Du kriegst was du brauchst“
Das dritte Album gilt einem alten Rock’n’Roll-Klischee nach als das make or break-Album. Es heißt es entscheide ob eine Newcomer-Karriere ihr volles Potential endlich ausschöpft und in die Champions-League aufsteigt oder aber auf immer vor sich hindümpeln wird.
Sollte an dem Klischee was dran sein wird Ansa Sauermann dieses Jahr ein Popstar.
Sein vorheriges Album „Trümmerlotte“ (2020) wurde von den Kritikern in den Himmel gelobt, man sprach unter anderem von einem „berauschend schönen Pop-Album“, „vollgepackt mit Hits“ und mit einer „Inbrunst eingespielt, als ginge es um sein Leben“.
Das Album erschien am Höhepunkt der Pandemie, und Ansa, einer der besten Live-Acts des deutschsprachigen Raums, war – sprechen wir offen – erstmal gefickt.
Das alles ist nun abgehakt. Und es sind vor allem privat seither schöne Dinge passiert. Ansa hat sich verliebt und in eine Schweizer Popstardynastie sizilianischen Ursprungs eingeheiratet.
Unnötig zu sagen, dass derlei Überschwang der Gefühle inspirierend wirkt, und Album drei diesen entscheidenden Punkt seines Lebens reflektiert. Es ist sein Meisterwerk. Romantisch, poetisch und dabei feurig wie eh und je. Der ungestüme Power-Pop der Vorabsingle „Erfolglos“ signalisiert das Ansa nach wie vor hungrig ist und vor Leidenschaft und Lebensgier überquillt. Aufgrund seiner Sprache wird Ansa ja schnell mal im unsexy Deutsch-Pop-Eck verortet; aber diesmal mehr denn je sei allen Zynikern gegenüber betont, das hier ist so viel größeres Kino. Ein sonniges Pop-Juwel wie „Palermo“ schüttelt er einfach so mal aus dem Ärmel. Bei „B-Seiten“ zeigt sich der lebenslustige Dresdner, der seit fünf Jahren in Wien lebt auch mal von seiner nachdenklichen Seite und wird dabei so majestätisch wie man eben werden kann ohne dabei kitschig zu sein. „Jung“ beginnt unterkühlt und kann sich natürlich nicht zurückhalten, wandelt sich spätestens beim Refrain in ein geiles, stürmisches Ding.
Die reduzierte Akustikballade „Schlaflied“ wächst sich schließlich zu einer Soul-Hymne aus, um in den Himmel aufzufahren. Machen wir uns nichts vor. Es ist einfach nur schön.
Du kannst nicht immer bekommen, was du willst… aber du kriegst was du brauchst!
Mann aus Marseille
Gleich vorweg: Mann aus Marseille ist eine der besten unbekannten Bands des Landes und „Flamingo“ ist – na klar! – ihre bis dato beste Platte. Wobei dieses nunmehr dritte Album in Wahrheit ein Debüt ist. Das Quintett aus Linz findet hier |
zeigt ein sperriger, fast obsessiver Song wie „Bitte lasst sie gehen“ wie Zuneigung in Hass umschlägt. „Hast du Angst“, der Opener der Platte, begleitet Menschen, die Angst vor der Angst haben und sich selbst beim Duschen fürchten – aber eigentlich nicht wissen warum… oder wissen sie doch was? Und wer raunt hier was von Verschwörung? „Bunte Vögel“, die erste Singleauskopplung, ist der selbsternannte Sommerhit der Platte. Besser: Ein Scheißsommer-Hit für die Zeit nach dem Sommer, wo die warme |
Jahreszeit nur mehr sepiagetränkte Erinnerung ist. „Es fehlen die Farben, bunte Vögel werden Raben“ klagt Sänger Hannes Holzweber da. Das Taumeln zu Orten, an denen man nichts zu suchen hat, aber alles findet, Orten, wo man nicht hingehört aber zu Hause ist, durchzieht „Flamingo Bar“, den bisher ungewöhnlichsten Song der Band. Getragen von einer psychedelisch eingerauchten Gitarre leitet unvermutet eine Tuba den überfälligen Weltuntergang ein. „Flamingo“ ist musikalisch wie textlich die ausgereifteste Platte dieser mit einer neuen Leichtigkeit ausgestatteten Band, ein originelles, mächtiges und feingliedriges Album gelungen, das die Fäuste reckt und seine Hörer gleichzeitig fest umarmt. |